Weg mit den Solar-Hürden auf unseren Baggerseen. Wir dürfen die Ökostrom-Potenziale nicht verschenken. Schwimmende Photovoltaik auf Baggerseen kann einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten – ohne zusätzlichen Flächenverbrauch, ohne Verlust an Ackerböden und im Einklang mit der Natur. Doch die Ampel hat das gesetzlich gedeckelt – ausgerechnet mit dem „Osterpaket“, das eigentlich den Ausbau erneuerbarer Energie forcieren soll. Diese Hürden müssen wieder fallen. Wir wollen naturverträglichen Ausbau schwimmender Photovoltaik auf Baggerseen konsequent ermöglichen. Das haben wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag mit unserem Gesetzentwurf des Stromversorgungssicherungsgesetzes bereits beantragt und werden es als Verbesserung des Solarpakets der Bundesregierung erneut zur Abstimmung stellen.
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass die in Deutschland installierte Photovoltaik-Leistung bis 2030 insgesamt 215 Gigawatt beträgt. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, müssen alle Potenziale zur Energieerzeugung genutzt werden. Neben den etablierten Bauweisen auf Gebäuden, Freiflächen oder an Lärmschutzwänden treten hier zunehmend auch sogenannte besondere Solaranlagen – etwa über Parkplatzflächen, auf parallel landwirtschaftlich genutzten Flächen (Agri-PV) oder auch auf künstlichen Gewässern (schwimmende oder Floating-PV) – in den Fokus, da hier Flächen doppelt genutzt werden können und so eine Flächenkonkurrenz entfällt beziehungsweise stark abgemildert wird.
Insbesondere Baden-Württemberg mit seinen zahlreichen Kiesgruben und Baggerseen könnte einen signifikanten Anteil an Solarstrom durch schwimmende Anlagen generieren. Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg schätzt das wirtschaftlich-praktisch erschließbare Potenzial von Floating-PV auf etwa 880 MW für den Fall einer Belegung von 35 Prozent der Wasseroberfläche – schon das wären mehr als 10 Prozent der aktuell (Stand: Ende 2022) in Baden-Württemberg installierten Photovoltaik-Kapazität. Betrachtet wurden hierbei ausschließlich Baggerseen, die sich in aktiver Auskiesung ohne begonnene oder vollzogene Renaturierung befinden und als mögliche Standorte für potenzielle Photovoltaikanlagen geeignet sind. Aufgrund fortschreitender Auskiesung und im Hinblick auf die 35-Prozent-Annahme stellt dies die untere Potenzialschranke dar.
Mit dem Osterpaket hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr die Rahmenbedingungen zur Installation von Floating-PV jedoch unnötig restriktiv ausgestaltet, indem der Abstand zum Ufer pauschal auf 40 Meter und die maximal bedeckte Fläche des Wassers auf 15 Prozent festgelegt wurde.
Selbst das federführende Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz schreibt inzwischen in seiner Photovoltaik-Strategie: „Die hohen Anforderungen […] führen jedoch in der Praxis dazu, dass Floating-PV-Projekte nicht entwickelt werden können. Hier ist ein maßvolles Nachjustieren der Anforderungen aus dem Wasserhaushaltsgesetz auch in Deutschland notwendig, um mehr Projekte zu ermöglichen“. Seit der Veröffentlichung im Mai 2023 ist jedoch noch nichts passiert.
Wir beantragen als CDU/CSU-Fraktion deshalb im Bundestag, die in § 36 Absatz 3 Satz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes eingeführten Restriktionen zu maximal bedeckter Wasserfläche und Abstand zum Ufer bei Floating-PV-Anlagen wieder zu streichen und die Einhaltung der umwelt- und wasserrechtlichen Anforderungen stattdessen individuell innerhalb des Genehmigungsprozesses durch die Wasserbehörden der Länder und der kommunalen Ebene prüfen zu lassen. Ein zu erarbeitender Leitfaden als Handlungshilfe zur Genehmigung einer Anlage kann die Behörden dabei unterstützen und ein einheitliches Vorgehen stärken.
Auch im Bereich der Planungsbeschleunigung gibt es Hebel, die genutzt werden könnten. So ist etwa zu prüfen, welchen Beitrag eine Genehmigung von Floating-PV-Anlagen auf Baggerseen mit aktiver Auskiesung als Nebenanlagen oder auch der Einsatz standardisierter Typengenehmigungen zur verbesserten Zulassung beitragen können.
Zu den technischen, ökologischen und sozioökonomischen Voraussetzungen von Floating-PV-Anlagen wird weiter geforscht. Das Fraunhofer ISE mit Sitz in Freiburg leistet hier beispielsweise mit dem Projekt „PV2FLOAT“ wertvolle Forschungsarbeit. Nach Ende des Projekts im Frühjahr 2024 sind die Ergebnisse zügig zu bewerten und wo möglich in die Praxis umzusetzen.
Auch die baden-württembergischen Sektionen der Umweltverbände BUND und NABU sprechen sich für eine verstärkte Nutzung schwimmender Photovoltaik aus, wenn diese durch ein ökologisches Monitoring begleitet wird. Bei Projekten, bei denen PV-Module mehr als 25 Prozent der Gewässeroberfläche bedecken, sollte in Zusammenarbeit mit den Betreibern ein ökologisches Monitoring aufgesetzt und dafür entsprechende Mittel bereitgestellt werden. Es gilt darum, die Datenbasis zu verbreitern und dies auch entsprechend bei der Genehmigung zu berücksichtigen. Auch die Erfahrungen mit deutlich größeren Anlagen, wie sie bereits etwa in Frankreich, den Niederlanden oder dem asiatischen Raum betrieben werden, müssen in die Diskussion und die Bewertung von Floating-PV einfließen.
Unstreitig ist die Begrenzung des Anwendungsbereichs von schwimmender Photovoltaik auf künstliche Gewässer wie Baggerseen. Einer Nutzung auf natürlichen Gewässern mit ihrem komplexen ökologischen
Umfeld und ihrer vielfältigen Nutzung als Erholungsraum und zur Trinkwassergewinnung erteilen wir eine Absage. Mit klaren Rahmenbedingungen und einer zunehmend besseren Datengrundlage kann
Floating-PV ihren Beitrag zur Dekarbonisierung unseres Stromsystems leisten.
UPDATE (17. November 2023): Über unseren Vorstoß berichtet u.a. die "Augsburger Allgemeine": https://www.augsburger-allgemeine.de/wirtschaft/energiewende-positive-strahlung-auf-dem-baggersee-union-setzt-auf-schwimmende-solarkraftwerke-id68496986.html