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Habecks Wasserstoff-Pläne: Tiefschlag gegen den Südwesten

Das ist ein Tiefschlag gegen den Süden und eine herbe Enttäuschung. Für Baden-Württemberg gibt es gegenüber dem Entwurf von Juli keinerlei Verbesserung. Dieser Beschluss darf so keinen Bestand haben, er muss noch einmal neu aufgemacht werden. Das kann nicht das letzte Wort sein. Robert Habeck als zuständiger Wirtschaftsminister ist in der Verantwortung mit einem ausgewogenen Netz ohne Schlagseite für Wasserstoff-Gerechtigkeit in Deutschland zu sorgen. Das von ihm heute mit der Bundesnetzagentur präsentierte Wasserstoff-Kernnetz hat eine krasse Nord-Süd-Schieflage: Dieses Kernnetz ist zum Nordnetz geworden. Weite Teile Baden-Württembergs werden schlicht abgehängt. Die weißen Flecken auf unserer Landkarte bedeuten Wasserstoff-Wüsten zwischen Oberrhein und Oberschwaben, am Bodensee und im Schwarzwald. Das beschädigt unsere Perspektiven: Wasserstoff ist elementar für klimaneutrale Wirtschaft und nachhaltige Energie, für Innovationen der Zukunft. Wo er kommt eröffnet er Perspektiven. Wer abgehängt wird, fällt zurück. Das Wasserstoff-Kernnetz ist mit Investitionen von knapp 20 Milliarden eine zentrale Entscheidung dieser Legislaturperiode. Es geht um eine grundlegende Infrastruktur der Zukunft. Das ist eine hochpolitische Entscheidung, da darf es keine so derbe Benachteiligung geben.

 

Seit Monaten drängen wir auf eine neue Planung für den Südwesten: Alle wichtigen Wirtschaftsregionen müssen gleichberechtigt mit Wasserstoff versorgt werden. Doch das alles wurde schlicht ignoriert: Bundestagsabgeordnete, der Ministerpräsident und die Wirtschaft - wir alle haben auf Nachbesserung gedrängt und die Bedarfe wurden klar benannt. Heute müssen wir feststellen: In diesem Verfahren gab es offensichtlich keine Offenheit für sachliche Argumente. Baden-Württemberg soll nun mit circa 5 Prozent der Wasserstoff-Leitungen abgespeist werden - bei 20 Prozent der Industrieleistung, 15 Prozent der Wirtschaftskraft und 10 Prozent der Bundesfläche. Unserer starken Wirtschaft wird damit der Boden unter den Füßen weggezogen. Niedersachsen etwa soll mehr als vier Mal so viele Leitungen bekommen wie Baden-Württemberg. Der heutige Hinweis von Robert Habeck, es seien doch alle Bundesländer ans Kernnetz angebunden, hilft da nicht weiter: Ein Flächenland wie Baden-Württemberg muss doch völlig anders angebunden werden als etwa Hamburg oder Bremen. Wir leben von einer starken dezentralen Wirtschaftsstruktur – und entsprechend muss das Kernnetz alle Wirtschaftsregionen erreichen – eine punktuelle Anbindung ist völlig unzureichend.

 

Statt Verbesserungen gibt es weitere Unklarheiten: Nicht einmal die in Baden-Württemberg spärlich vorgesehenen Leitungen werden verlässlich gebaut. Die Realisierung der Verbindung von Stuttgart in Richtung Ulm ist noch nicht gesichert, bislang gibt es keinen Vorhabenträger. Insgesamt seien die Finanzierungsbedingungen zu unattraktiv, so die Begründung. Das hatte das Land Baden-Württemberg frühzeitig geltend gemacht und mit dem Bundesrat Verbesserungen gefordert. Das wurde von der Bundesregierung ebenfalls vom Tisch gewischt. Alle vorgesehenen Leitungen würden zu den von ihr beschlossenen Konditionen gebaut, so die Bundesregierung. Nach heutigem Stand eine Fehleinschätzung - wiederum auch zu Lasten des Südwestens.

 

Die Bundesregierung setzt neben heimischer Produktion zurecht ganz überwiegend auf Wasserstoff-Importe. Über Frankreich, Österreich und über die Schweiz müssen dabei Importe aus dem Süden angebunden werden. Im deutschen Kernnetz wird die dafür erforderliche Anbindung in Süddeutschland im Kernnetz aber nicht vorgesehen. Ganz anders in Norddeutschland wo die Bundesregierung zur Anbindung der Importe weiterhin ein und in ihren eigenen Worten „engmaschiges Netz“ unverändert plant - obwohl die Pipeline aus Norwegen jüngst abgesagt wurde.

 

Die Bundesregierung verweist nun auf den späteren Schritt einer Anbindung über Verteilnetze. Aber wahr ist: Schon beim Kernnetz kann die Fertigstellung nach der möglichen Verschiebung durch die Bundesregierung statt bis 2032 nun bis 2037 dauern - und während schon beim Kernnetz die Finanzierungsbedingungen umstritten sind, gibt es für den weiteren Netzausbau inklusive der Verteilnetze dazu noch gar nichts. Zudem wird von den potentiellen Betreibern der Verteilnetze ohne Verbesserungen beim Kernnetz die technische Umsetzbarkeit einer umfassenden Anbindung über Verteilnetze in Frage gestellt - etwa bei einer Anbindung von Lindau um den Bodensee nach Singen. Das bedeutet: Der Verweis für den weiteren Ausbau des Wasserstoffnetzes auf die Verteilnetze ist ein Vertrösten auf Sankt Nimmerlein. Mit weißer Salbe schließt man aber keine weißen Flecken, dazu braucht es klare Perspektiven. Statt Prinzip Hoffnung braucht es dazu jetzt Planungssicherheit für klimaneutrale Wirtschaft. Nur dann können die notwendigen Investitionen getätigt werden.

 

Robert Habeck spricht beim Wasserstoff-Kernnetz von den „Autobahnen des Wasserstoffs“. In Baden-Württemberg aber sollen nach seinen Planungen in weiten Regionen noch nicht einmal Feldwege ankommen. Das ist inakzeptabel. Deshalb ist er in der Pflicht, eine Wasserstoff-Versorgung entsprechend des Bedarfs eines großen Bundeslandes mit starker Wirtschaft und hohem Energiebedarf sicher zu stellen. Die Nordlastigkeit bei deutscher Wasserstoff-Infrastruktur und internationalen Importen muss korrigiert werden. Echte Wasserstoff-Gerechtigkeit gibt es nur, wenn der Blick in alle Himmelsrichtungen geht.

 

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